Der wahre Sifu

1. Der wahre Sifu bevorzugt prinzipiell keine Schüler beim Training. Er misst ihr Training an ihrem Können, ihrer Entschlossenheit, ihrer Disziplin, ihrer Integrität, ihrer Aufopferung und ihrer Ehrlichkeit. Er vergleicht Schüler nie, da jeder Schüler…

…auf einem etwas anderen Weg ist und sein Bestes gibt, um voranzukommen.

2. Der wahre Sifu zeigt Güte und Stärke, Freundlichkeit und Zuverlässigkeit. Die Schüler sind aufgrund dieser Qualitäten auf den Lehrer angewiesen. Eine starke Schule hat einen verlässlichen Lehrer.

3. Der wahre Sifu wird das Prinzip der Aufopferung beispielhaft vorleben. Auch wenn der Lehrer dem Student den Wert der Aufopferung aufzeigt, muss dieser selbst zeigen, dass er dazu bereit ist Opfer zu bringen. Dies kann auf verschiedenste Art und Weise demonstriert werden. In monetärer Hinsicht bezahlt er z. B. die Uniform oder das Essen eines bedürftigen Schülers. Oder er zeigt auf emotionaler Ebene Mitgefühl gegenüber einem anderen Schüler, dessen Bemühungen misslingen. Die Demonstration von Demut und Bescheidenheit legt dar, dass man selbst auch gescheitert ist. Zeige Aufopferung im Menschlichen.

4. Der wahre Sifu gesteht sich seine Defizite ein. Er will seine Schüler so gut und noch besser machen, als er selbst ist. Sich seine eigenen Defizite eingestehen zu können und seine Schüler so zu trainieren, dass sie nicht dieselben entwickeln, zeichnet einen herausragenden Sifu aus. 

5. Lehrer sind keine Götter. Der wahre Sifu versteht erst recht die Notwendigkeit, dass nicht aus einem Machtbedürfnis heraus gehandelt wird. Das ist das ungesunde Verhalten, das vielen Lehrern schadet. Gute Unterweisung am Anfang trägt dazu bei, dass dieser Charakterzug beseitigt wird, der Balanceakt der Macht ist aber damit nicht gewährleistet. Wahre Macht wird nie gezeigt. Führen und unterrichten, ohne zu kommandieren, ist der Schlüssel zur Kunst und Balance ist die Grundlage für Macht und Autorität.

6. Der wahre Sifu vergibt. Lehrer müssen fähig sein, zu vergeben. Das ist der eine Charakterzug, der eine starke Schule und einen starken Lehrer ausmacht. Die Fähigkeit zu vergeben bestärkt den Lehrer und macht ihn menschlicher.

7. Der wahre Sifu zeigt keine Wut. Seine Wut zu zeigen, verstösst nicht nur gegen den Charakter, der erwartet wird, sondern bedeutet auch einen Verlust von kämpferischer Kraft. Eine Führungskraft muss wissen, dass Zorn Verlust mit sich zieht und dass emotionale Entscheidungen, die in der Wut gefällt werden, nie vernünftig sind. Leute folgen ungern wütenden Leuten. Starke Lehrer kontrollieren ihre Emotionen.

8. Der wahre Sifu ist ehrlich. Für Schüler sind die Ehre und Ehrlichkeit eines Sifu ausschlaggebend. Ehrlichkeit ist das Fundament eines grossen Hauses und stellt eine klare Kommunikation sicher. 

9. Der wahre Sifu verurteilt diejenigen nicht, welche denselben Rang wie er innehaben. Ein guter Lehrer kritisiert andere Kampfkünste oder andere Lehrer nicht. Andere zu verurteilen führt dazu, dass sich die Kräfte des Lehrers verringern, und dass sein Charakter geschwächt wird. Diese Charaktereigenschaft deutet meist auf seine eigenen Probleme hin, die er versucht zu verstecken. Er versucht, deren Stärke herabzusetzen, indem er sie verurteilt. Der wahre Sifu jedoch wird eher über seine eigene lange Abstammungslinie erzählen, als die Linie von anderen klein zu machen.

10. Der wahre Sifu wird beispielhaft guten Charakter vorleben. Der Sifu ist derjenige, zu dem der Rest der Schule aufschaut. Der wahre Sifu wird sich auch so verhalten. Er verkörpert den rechtschaffenen Charakter innerhalb und ausserhalb der Schule. Es ist die Pflicht eines Lehrers, nicht übermässig Lastern wie Alkoholkonsum, Rauchen, Drogenkonsum etc. zu frönen. Natürlich sind Sifus auch Menschen und demnach fehlbar wie alle anderen auch, der wahre Sifu aber ist sich bewusst, dass sein Charakter auf viele Leute eine Wirkung hat, und dass ein ganzer Kwoon sich auf seine Leitung und Führung verlässt.

11. Der wahre Sifu hat Ehre. Das Konzept der Ehre bedeutet alles für den wahren Sifu und den wahren Schüler. Ehre schafft Führung und ist die Seele der Kampfkünste. Ehre ist nicht rigide. Ehre wird mit Demut gemässigt. Das Ziel eines Sifu ist es, diese Eigenschaften im richtigen Mass dem Schüler zu übermitteln. Denn zu viel oder zu wenig davon kann dem Geist oder dem Verhalten des Schülers schaden. Das Lebensziel des wahren Sifu ist es, alle Schüler auf allen Stufen wohlüberdacht mit dieser Eigenschaft auszustatten und selbst vorbildlich Ehre vorzuleben.

12. Der wahre Sifu ist verpflichtet, ungeachtet seines Alters zu trainieren. Bei medizinischen Problemen sollten die Assistierenden, die die Techniken wirkungsvoll zeigen können, unterrichten, damit sie die Schüler weiterbringen können. Der Lehrer ist dazu verpflichtet, seine Kunst ein Leben lang voranzutreiben und nach Perfektion zu streben. Der wahre Sifu wird immer die Haltung bewahren, sein Leben lang Schüler zu sein. 

13. Der wahre Sifu wird nie seine Schüler täuschen, was seinen Grad oder seine Position betrifft. Das ist ein ungesundes Verhalten, das nie geheilt werden kann. Sich einen Grad anzueignen, ob er von einem selbst verliehen wird, oder ein anderer Lehrer von derselben Kunst oder ein Verband, welcher Gradierungen für Geld aushändigt, dies tut, oder ob es sogar Schüler sind, die ihren eigenen Lehrer gradieren, um selbst höher gradiert werden zu können, kommt einer Sünde gleich und ist etwas Ungesundes, was der Macht innewohnt. Wenn Du Deine Schüler betrügst, schwärzt das Deine Seele. Kein Schüler will über Jahre hinweg unter einem Lehrer trainieren, nur um herauszufinden, dass der Lehrer nicht für seinen Grad arbeiten musste und dass er in die Irre geführt wurde. Sei diesbezüglich ehrlich und Du wirst Deiner Gesundheit einen guten Dienst erweisen. 

14. Es ist die Verpflichtung des wahren Sifu, weniger, dafür überragende Schüler auszubilden. Wenn ein Sifu sehr wenige Instruktoren mit dem Grad des schwarzen Gurtes hervorbringt, sollte dies als ein gutes Zeichen betrachtet werden. Derjenige Sifu, der viele Schüler als Schwarzgurte vorweist, sollte als fragwürdig erscheinen. Wenn ein Sifu einen Schwarzgurt Schüler in weniger als drei Jahren hervorbringt, dann sind es nicht Schwarzgurte, sondern Personen, die ein schwarzes Stück Stoff um ihre Hüfte tragen. Dies ist zu unterscheiden von der ehrenvollen Position eines wahren Trägers eines schwarzen Gurtes. Jeder Schwarzgurt, der von seinem Sifu gefördert wird, repräsentiert seinen Lehrer, seine Schule und seine Kunst. Hinter der Qualität seiner Schüler stehen zu können, ist wesentlich für den wahren Sifu. Die Förderung des Schülers zum Schwarzgurt erfordert auch den Einbezug von Charakterbildung. Wenn der Charakter des Schülers vom rechten Weg abkommt, handelt der wahre Sifu schnell und konsequent, um die Situation zu berichtigen. Gelegentlich kann es vorkommen, dass ein Schüler fehlgeht, ganz gleich wie bemüht man ist, die Integrität der Kunst zu bewahren. Wir strengen uns sehr an, dies zu verhindern. Aber in einem solchen Fall gilt, dass wir mit Integrität für den Rest weitergehen müssen. Der Sifu ist der Einzige, der beurteilen kann, wer seine Abstammungslinie repräsentieren kann und wer nicht.

Diese praktische Anwendung des Ethik-Kodex oder Wu De wird Dir helfen zu verstehen, was Du von unserem Schwarzgurt Instruktor erwarten kannst und was von Dir in Deinem Training an der Kung Fu Schule erwartet wird, wenn Du Dich als Schüler einschreibst. Während es schwierig zu sein schein, diese Erwartungen zu meistern, ist doch die Entwicklung des Charakters das hauptsächliche Ziel beim Erlernen einer Kampfkunst wie Hung Gar Kuen. Das Erreichen des Ziels ist ein lebenslanges Unterfangen. Wie Lao Tzu sagt, «ein Weg von 1000 Kilometern beginnt mit einem einzigen Schritt». Wenn wir die Erlangung eines veredelten Charakters als Weg und nicht als Ziel sehen, dann ist es immer möglich, sich zu verbessern. Was erwartet wird, ist die stete und konsequente Verbesserung des Charakters und nicht eine Perfektion davon über Nacht zu erreichen. Wir sind, was wir wiederholt tun, so die Worte Socrates›. Somit sind der Charakter sowie herausragende Leistungen eine Gewohnheit.

Quelle: WARRIOR SPIRIT MARTIAL ARTS ACADEMY